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Palast der Republik eingenommen und geschliffen -
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Palast der Republik - eingenommen und geschliffen
Vom sog. Westen mit der sog. Wende eingenommen und geschliffen oder, wie es offiziell heißt, „zurückgebaut“! So mutet der Abriss des Palastes der Republik an. Dieses im Zentrum Berlins mit einem gewaltigen Aufwand an Material, an Technik, an Arbeitskraft erstellte Bauwerk war das Glanzstück der Architektur der ehemaligen DDR. Entsprechend wurde der Abriss von einer Mehrheit der Leute in den sog. Neuen Bundesländern mit Unverständnis bis Wut begleitet. Man hatte für den finanziell aufwendigen Bau des Palastes Opfer bringen müssen und schaute am Ende mit Stolz auf das „Traumschiff“.
Natürlich rankten um den spektakulären Abriss (ein Neunmillionen-Projekt, das mehr als vier Jahre dauerte) Deutungen, Legenden in den Köpfen der ehemaligen DDR-Bürger: Man sprach von einer Demütigung der Ossis durch die Wessis, meinte dahinter die Absicht zu erkennen, ein Zeichen für den Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus setzen zu wollen, oder sah darin die späte Rache für den 1950 erfolgten Abriss des an gleicher Stelle befindlichen (im Krieg ausgebrannten) Stadtschlosses des preußischen Königshauses.
Wir, die Fotografen schließen uns keiner der Deutungen an, kritisieren aber, dass mit dem Abriss des Palastes ein in Stahl, Beton, Glas manifestiertes Stück deutscher Geschichte ausgelöscht worden ist. Und städtebaulich werten wir das Verschwinden des Palastes als einen Verlust für Berlin. Zugegeben, der Palast passte nicht in das Gebäude-Ensemble des Schlossplatzes, ebenso wenig, wie er seiner Architektur nach als schön zu bezeichnen war. Aber gerade das ihm anhaftende fürs Auge Ungefällige hatte den Schlossplatz architektonisch lebendig gemacht.
Das an seiner Statt in Rekonstruktion geplante frühere Stadtschloss mag sich auf dem Schlossplatz prächtig ausnehmen, ist aber den jetzigen Plänen nach in Wahrheit ein Fassadenschwindel und wird als solcher eher an Disneyland als an das alte prächtige Berlin erinnern.
Wir haben den Abriss in seiner heißen Phase über den Zeitraum von zwanzig Monaten fotografisch festgehalten - dies mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Lachend, weil der Prozess des Abrisses fotografisch immer neue spannende Perspektiven bot. Ja, das Traumschiff „Palast der Republik“, es ging nicht sang- und klanglos unter, sondern bot im Sinken der Kamera-Linse noch ein beeindruckendes Schauspiel.
Paul Geiersbach, März 2013
B Maerz 1 / 97
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